2 Nachträge | 3. 02. 2023 | Eine Studie kommt zum Ergebnis, das Maskenpflichten in der Praxis wenig bis keine Infektionsvermeidung bewirkt haben. Das stellt die Fortgeltung der Maskenpflicht für Besucher (nicht für Personal) in medizinischen Enrichtungen in Frage. Grund genug für die regelmäßig im Sinne der Obrigkeit agierenden „Faktenchecker“ von dpa, aktiv zu werden.
Bei der fraglichen Cochrane-Studie handelt es sich um eine Meta-Analyse, bei der die Ergebnisse von 78 vorliegenden Studien analysiert werden und versucht wird, diese auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen. Das Ergebnis, dass überwiegend eine geringe bis keine Wirksamkeit festgestellt wurde, steht so in der Studie, wie auch der Faktenchecker selbst schreibt:
„Anhand der gesichteten Studien schreiben die Verfasser, dass das Tragen von Masken in der Bevölkerung wahrscheinlich einen geringen oder gar keinen Einfluss auf das Auftreten von Erkrankungen wie Grippe und Corona hat.“
Der dpa-Faktencheck kommt dennoch zu dem Ergebnis, dass Leute, die diese Aussage als Ergebnis der Studie verbreiten, diese falsch wiedergeben:
„Behauptung: Die Cochrane-Studie beweist, dass Masken kaum oder gar nicht vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus schützen.
Bewertung: Eine solche Deutung der Arbeit ist falsch.“
Die Beiträge der führenden deutschen Nachrichtenagentur werden von sehr vielen Medien übernommen und so vielmillionenfach verbreitet und sind dadurch enorm einflussreich. Die Vorgehensweise von Faktenchecker Jan Christoph Freybott ist gewohnt manipulativ.
Er setzt sich nur mit der weitestgehenden Interpretation der Aussage der Gegenseite auseinander, um diese dann als überzogen und allein dadurch „falsch“ einstufen zu können. Dabei ist „überzogen“ etwas anderes als „falsch“.
Der Faktencheck nimmt sich also zielgerichtet die Behauptung vor, die Studie „beweise“ ihr festgestelltes Ergebnis, und unterstellt dabei implizit die umgangssprachliche Bedeutung von „zweifelsfrei nachweisen“, anstatt der für derartige wissenschaftliche Arbeiten angemessenen Bedeutung eines lediglich statistischen Belegs.
Ich habe bewusst von „Gegenseite“ gesprochen, weil die Faktenchecker erkennbar nicht neutral sind, sondern sich auf die Seite der Obrigkeit, gegen deren Kritiker stellen. Sonst würden sie auch regelmäßig zur Erfüllung ihres Informationsauftrags versuchen herauszuarbeiten, was an einer regierungskritischen Behauptung stimmt oder stimmen könnte, anstatt einfach nur Gegenargumente gegen die Kritiker zu sammeln und alles was für diese spricht zu unterschlagen oder klein zu schreiben. Das ist auch der Grund, warum ich bei Leuten, die so „faktenchecken“, von Anti-Journalisten spreche.
Nachdem also die Behauptung auf einen unumstößlichen Beweis zugespitzt wurde, werden die in der Studie, wie in jeder seriösen Studie, enthaltenen Absätze zu Einschränkungen der Verlässlichkeit des Ergebnisses als Nachweis genommen, dass es keinen Beweis gibt.
Das ist irreführend. Wenn die Autoren der Studie das Ergebnis so hinschreiben wie zitiert, ist es das Ergebnis der Studie, und wenn man es als solches verbreitet, macht man nichts falsch. Viele, die das tun, verwenden dabei ohnehin nicht das Wort „Beweis“, und selbst wenn sie es tun, ist das legitimerweise nur im Sinne eines wissenschaftlichen Belegs zu verstehen, der natürlich immer angreifbar ist und keine absolute Beweiskraft hat.
Außerdem hat der Faktenchecker in seiner Formulierung der zu untersuchenden Behauptung den Kontext der Maskenpflicht entfernt und tut so, als ginge es um die Wirksamkeit freiwillig und gewissenhaft getragener, gut sitzender Masken bei der Infektionsvermeidung im Einzelfall. Dadurch kann er Studien, die in solchem Kontext Wirksamkeit belegen, als vermeintlichen Gegenbeweis anführen. Die Cochrane-Studie hat aber vor allem untersucht, und denen, die die Studie anführen geht es auch darum, ob Maskenpflichten sinnvoll und wirksam sind. Kaum jemand will Leute davon abhalten, Masken freiwillig zu tragen.
Nur Staatsanwalt, keine Verteidiger
Als nächstes darf der Physiker Eberhard Bodenschatz als einziger befragter Experte sagen: „Die Cochrane-Studie ist wenig aussagekräftig“, und dafür einzelne der Einschränkungen in der Beweiskraft ins Feld führen. Er selbst habe „eindeutig gezeigt, dass Masken physikalisch ein wunderbarer Schutz sind“.
Diese Aussage und das Vorgehen des „Faktencheckers“ sind auf mehreren Ebenen indiskutabel und verräterisch.
- Es wird nur ein Experte angeführt, von dem man vorher wusste, dass er nicht neutral ist.
- Keiner der vielen Autoren der in der Meta-Studie untersuchten Studien wird mit einer Gegenmeinung zitiert.
- Der vom Faktenchecker ausgesuchte Experte hat selbst eine Studie mit einem Ergebnis im Sinne des Faktencheckers erstellt, das er als „eindeutig gezeigt“ darstellt.
- Diese überzogene und unwissenschaftliche Behauptung wird von dem angeblichen Faktenchecker nicht hinterfragt, während er die (der „Gegenseite“ in den Mund gelegte) gleiche Überspitzung zur Basis des Urteils macht, die Behauptung der Gegenseite sei falsch.
Das ist so, wie wenn in einem Strafprozess nur der Staatsanwalt und dessen Zeugen zu Wort kommen.
Tatsächlich sind die Beschränkungen der Aussagekraft der Studie des Physikers Bodenschatz um ein Vielfaches größer als die, die er selbst gegen die Cochrane-Studie anführt.
Es handelt sich nämlich um eine theoretische Arbeit, in der aus einzelnen Messergebnissen und Annahmen errechnet wird, um wie viel Masken, vor allem im unrealistischen Fall, dass sie sehr gut sitzen, die Ansteckungswahrscheinlichkeit senken könnten. Der Aussagegehalt darüber, ob es nützt, Millionen Menschen die Pflicht aufzuerlegen, Masken zu tragen, die sie nicht tragen wollen und die sehr oft sehr schlecht sitzen und viel zu lange und viel zu oft getragen werden, geht gegen Null. Die Untersuchungen des Physikers Bodenschatz haben also keine Aussagekraft über einen Nutzen von Masken auf Bevölkerungsebene. Ohne diesen Nutzennachweis fehlt den gesetzlichen Grundrechtseingriffen durch Maskenpflichten das erforderliche juristische Kritierium der Geeignetheit.
Trotzdem sieht der Faktenchecker von dpa offenbar keine Einschränkungen in der Aussagekraft, sondern führt die Studie als „Beleg“ an, dass Masken doch das Infektionsrisiko deutlich senken.
Daneben führt er zustimmend eine ältere Meta-Studie von Mitte 2020 an, ohne deren Titel zu nennen oder darauf zu verlinken, die das auch gezeigt habe. Wir sollen annehmen, und ohne nachschauen zu können, einfach glauben, dass es bei dieser Meta-Studie wundersamerweise keine Einschränkungen der Aussage- und Beweiskraft gibt.
Das, und das ganze Vorgehen des „Faktencheckers“, ist nicht nur lächerlich. Es ist Betrug am Leser im Sinne von bewusster Irreführung und damit Anti-Journalismus übelster Sorte.
Nächste Studie veröffentlicht
Als nächstes können sich die regierungshörigen Faktenchecker einer am 2. Februar veröffentlichten Studie der Abteilung für Infektionsprävention und -kontrolle des Instituts für Mikrobiologie, Virologie und Hygiene des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf zuwenden, die zu dem Ergebnis kommt:
„Atemschutzmasken mit Ohrschlaufen wiesen einen sehr schlechten Dichtsitz auf (3,6% von 222 Fit-Tests bestanden). In vier randomisierten, kontrollierten Studien konnte nicht nachgewiesen werden, dass Einweg-Atemschutzmasken bei der Vorbeugung von im Labor bestätigten viralen Atemwegsinfektionen besser sind als chirurgische Masken, selbst wenn sie mit einem Fit-Test angepasst wurden. Daher halten wir die obligatorische Verwendung von Atemschutzmasken für unverhältnismäßig und nicht durch Belege gestützt.“
1. Nachtrag (6.2.): Studienautor watscht Faktenchecker ab
Der erstgenannte Autor der Cochrane-Studie, Tom Jefferson, hat eine vernichtende Kritik (engl.) der Arbeit von Medien insbesondere der sogenannten Faktenchecker veröffentlicht. Diese sähen ihre Hauptaufgabe darin, das Narrativ der Regierenden gegen Kritik abzuschirmen. Er schreibt unter anderem:
„Diese Anfrage kommt von einem sehr mächtigen Pressesyndikat:
„Ich wende mich an Sie, weil ich einige Beiträge gesehen habe, die in den sozialen Medien weit verbreitet sind und die Schlussfolgerungen Ihrer kürzlich veröffentlichten Studie über körperliche Eingriffe und Atemwegsviren falsch wiederzugeben scheinen.
Halten Sie es für eine falsche Darstellung, wenn Sie behaupten (wie in den Tweets, die ich oben verlinkt habe), dass Ihre Studie definitiv beweist, dass Masken bei der Verhinderung der Ausbreitung von Viren wie COVID-19 und der Grippe nicht funktionieren? Wenn ja, wäre ich daran interessiert, diese Behauptungen zu widerlegen, um die Sache richtig zu stellen, und ich würde gerne mit Ihnen über die Studie sprechen.“
Der beunruhigende Aspekt dieser Anfrage ist folgender: Der [anfragende} Stringer nimmt Kontakt zu einem von uns auf. Nach dem Austausch von Höflichkeiten stellt er/sie ein paar überflüssige Fragen.
Wir haben eine Zusammenfassung, eine Klartext-Zusammenfassung, TTE-Beiträge und einen Podcast, und Carl und ich haben einen Spectator-Artikel über die Studie geschrieben. Wenn Sie ein echter Masochist sind, können Sie die gesamten über 300 Seiten der Rezension lesen. Ich habe sogar das bereits erwähnte Interview gegeben, aber ich plane keine weiteren Ausflüge. Es gibt also nichts zu erklären oder die Fakten zu überprüfen. Aber der Stringer ist nicht wirklich daran interessiert, Fakten zu überprüfen. Was sie wollen, ist wahrheitsgemäß zu schreiben, dass sie mit einem von uns gesprochen haben, um dann den erforderlichen Spin in die Veröffentlichung zu bringen, um sicherzustellen, dass die „Fehlinterpretation“ der Twitterer richtig gestellt wird. „Debunking“ [Entlarvung] ist der Begriff, der verwendet wird, wenn der Stringer meint, dass die Twitterer unsere Ergebnisse „falsch interpretiert“ haben.“ (Übersetzung DeepL.com)
2. Nachtrag (7.2.): Deutschlandfunk kommt zur Unterstüzung
Der Deutschlandfunk setzte dem Ganzen am 6. Februar mit einem eigenen Faktencheck unter dem Titel „‚Masken bringen nichts‘ – Stimmt das wirklich“ die Krone auf. Der Sender stellt erst das maskenpositive Ergebnis des Physikers Bodenschatz vor, dann die dem widersprechende Cochrane-Studie. Dann lässt er in einem Interview Bodenschatz seine windigen Argumente vortragen, warum seine theoretische Arbeit mehr wert ist als die Cochrane-Studie, die er gut gemacht nennt, deren Schlussfolgerung aber nicht stimme. Interviewer Arndt Reuning gibt dabei nur den Stichwortgeber und Verstärker in einem erkennbar choreographierten Interview. Eine Gegenstimme fehlt natürlich.